Nicht alles, was nachwächst, ist nachhaltig

In deutlichen Worten schilderte die Autorin Kathrin Hartmann die Bedingungen, unter denen sogenannte „nachhaltige“ Erzeugnisse produziert werden: etwa von Palmöl oder auch von Shrimps. Foto: Eder

Unsägliche Produktionsbedingungen etwa bei Palmöl werden ignoriert – Autorin Kathrin Hartmann spricht Klartext

Wonneberg. MdL Gisela Sengl war voll des Lobes über das Agrarbündnis Berchtesgadener Land/Traunstein. Dieses Bündnis „ist „eine ganz tolle Sache“, sagte sie: „Hier machen sich so viele verschiedene Verbände und Vereine gemeinsam auf den Weg, um etwas zu verändern.“ Reichlich Anregungen, in dieser Welt etwas zu verändern, bot denn auch die jüngste Veranstaltung des Agrarbündnisses im Gasthaus Gruber in Weibhausen: Die Münchner Autorin Kathrin Hartmann berichtete von ihren Besuchen und Erfahrungen unter anderem in Indonesien und Bangladesch, wo im Namen des „grünen Wachstums“ Menschen vertrieben, Wälder gerodet und die Umwelt vergiftet werden, so dass die Einheimischen ihre Existenzgrundlage verlieren………

Ihren eindrucksvollen Ausführungen schloss sich eine lange, sehr engagiert geführte Diskussion an, die sich nicht zuletzt darauf zentrierte, welche Möglichkeiten es geben könnte, den Machenschaften der Industrie Einhalt zu gebieten, die – als Gipfel des Zynismus – vielfach unter dem Siegel der Nachhaltigkeit laufen.

Kathrin Hartmann, die ihre Erfahrungen in ihrem Buch mit dem bezeichnenden Titel „Aus kontrolliertem Raubbau“ zusammengefasst hat, illustriert die katastrophalen Auswirkungen des „grünen Wachstums“ plakativ an der Beimischung von Biokraftstoff zum herkömmlichen Treibstoff. Jene Verordnung aus Brüssel, von ihr schlicht als „Vernichtungsverordnung“ bezeichnet, habe ganz wesentlich dazu geführt, dass allein in Indonesien die Anbaufläche für Palmöl von 5000 Quadratkilometern in den 80er Jahren auf heute 135 000 Kilometer angestiegen ist – verbunden mit illegaler Abholzung, Vertreibung der Bewohner, großen Umweltschäden und nicht zuletzt einer sozialen Katastrophe, da sich die Arbeitsbedingungen zu einer Form von Sklavenarbeit entwickelt haben.

Und hier setzt die zentrale Kritik von Kathrin Hartmann an: Anstatt dass die Industrieländer etwas gegen den überbordenden Verbrauch von Energie unternehmen würden, ersetzen sie einfach den „schlechten“ fossilen Treibstoff durch den scheinbar „guten“ aus nachwachsenden Rohstoffen. Und so habe man der Einfachheit halber Pflanzenöl als nachhaltig definiert, weil die Pflanzen ja nachwachsen – unter welchen Bedingungen, das scheine niemanden zu interessieren.

Und da macht die Referentin keine großen Unterschiede zwischen der Industrie und den Entwicklungshilfe-Organisationen, zwischen der Politik und industriefreundlichen NGOs wie etwa dem WWF. Sehenden Auges würden hier Nachhaltigkeitssiegel verliehen, die für den, der hinter die jeweiligen Produktionsbedingungen schaut, ein Hohn sind. Dieselbe Gefahr sieht sie auch bei Elektro-Autos; auch hier werde den Menschen suggeriert, damit etwas Gutes für die Umwelt zu tun – „tatsächlich aber fahren einfach zu viele Autos rum!“ Wirklich helfen könne nur ein solides Mobilitätskonzept und auch eine ordentliche Besteuerung der Flugindustrie.

Anhand von zahlreichen Beispielen, die sie auf ihren Reisen gesehen hat, schilderte Kathrin Hartmann die furchtbaren Realitäten, die hinter den jeweiligen Produktionen stehen, ganz besonders auch bei der Shrimps-Aquakultur in Bagladesch, und erzählte von den fast schon verzweifelten Bemühungen mutiger Einheimischer, etwas dagegen zu unternehmen oder wenigstens Aufmerksamkeit zu erlangen – trotz aller Widerstände durchaus mitunter auch erfolgreich.

Rege Diskussion: „Wo bleibt der Aufschrei?“

Und hier setzte auch die Diskussion an. „Wo bleibt denn der Aufschrei?“, so fragte etwa Schorsch Planthaler an, angesichts des immer wieder erschütternden Ausmaßes dieser Vorgänge: der Aufschrei, den man etwa von den Grünen, von Menschenrechtsbeauftragten, vom Entwicklungshilfeministerium oder auch von der Presse erwarten könnte. Dazu meinte Kathrin Hartmann, es gebe inzwischen offenbar weltweit ein großes „Sich-Abfinden“ mit der Situation. Wobei sie sich immer wieder frage, ob die dafür verantwortlichen Menschen wirklich an ihre Nachhaltigkeits-Ideen glauben, für die sie sich gegenseitig durch die Verleihung von Siegeln und Preisen immer wieder selbst loben, oder ob das ganze purer Zynismus sei. Ihrer Erfahrung zufolge aber „wissen alle Bescheid, auch die Politik“. Und wenn wirklich irgendwo etwas geändert würde, dann gewiss nicht „durch die riesigen Entwicklungshilfe-Organisationen, sondern durch kleine Organisationen vor Ort“. Insgesamt finde auch sie es „skandalös, dass das alles ignoriert wird“. Und auch sie würde sich wünschen, dass es da einen „Aufschrei“ gibt. Agrarbündnis-Sprecher Leonhard Strasser stellte fest, dass solche Vorgänge überall in der Welt gleich ablaufen, „auch bei uns ist das im Prinzip dasselbe, wenn auch auf anderem Niveau“.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde angesprochen – und das zeigte sich ganz konkret dann auch bei einzelnen Wortmeldungen in dieser Versammlung, dass die verschiedenen Gruppierungen, Parteien, Organisationen, selbst wenn sie im Grunde die gleiche Zielrichtung haben, viel Energie in gegenseitige Scharmützel stecken und so das eigentliche Ziel aus dem Auge verlieren. Und so sei es, wie gesagt wurde, fast unmöglich, von unten einen Druck aufzubauen, der etwa dazu führen könnte, dass die EU die Beimischungspflicht von Bio-Treibstoff aufhebt, obwohl „geschätzt 80 Prozent des Palmöls kriminell gewonnen werde, wie Kathrin Hartmann sagte. Denn, so hieß es im Gegensatz zu der Feststellung von Gisela Sengl, dass die Politik die Probleme löse, es sei vielfach gerade die Politik, die Probleme schaffe oder verschärfe.

Die AbL-Bundesvorsitzende Gertraud Gafus rief dazu auf, Kritik, die geäußert wird, positiv zu sehen; denn nur so könnten Bündnisse entstehen, die letztlich auch etwas erreichen könnten. Dazu rief auch Kathrin Hartmann auf. Nur wenn sich engagierte Menschen zusammenschließen, könne auf die Politik möglicherweise Einfluss genommen werden. Sonst mache die Wirtschaft auch weiterhin, was sie will. Jeder könne einen Beitrag dazu leisten, meinte Liesi Aschauer, die BDM-Kreisvorsitzende im Kreis Berchtesgadener Land. Man dürfe auf keinen Fall sagen, dass man „eh nichts machen kann“; wo Menschen mit Herzblut für ihre Sache kämpften, solle man sich anschließen. he

Ihren eindrucksvollen Ausführungen schloss sich eine lange, sehr engagiert geführte Diskussion an, die sich nicht zuletzt darauf zentrierte, welche Möglichkeiten es geben könnte, den Machenschaften der Industrie Einhalt zu gebieten, die – als Gipfel des Zynismus – vielfach unter dem Siegel der Nachhaltigkeit laufen.

Kathrin Hartmann, die ihre Erfahrungen in ihrem Buch mit dem bezeichnenden Titel „Aus kontrolliertem Raubbau“ zusammengefasst hat, illustriert die katastrophalen Auswirkungen des „grünen Wachstums“ plakativ an der Beimischung von Biokraftstoff zum herkömmlichen Treibstoff. Jene Verordnung aus Brüssel, von ihr schlicht als „Vernichtungsverordnung“ bezeichnet, habe ganz wesentlich dazu geführt, dass allein in Indonesien die Anbaufläche für Palmöl von 5000 Quadratkilometern in den 80er Jahren auf heute 135 000 Kilometer angestiegen ist – verbunden mit illegaler Abholzung, Vertreibung der Bewohner, großen Umweltschäden und nicht zuletzt einer sozialen Katastrophe, da sich die Arbeitsbedingungen zu einer Form von Sklavenarbeit entwickelt haben.

Und hier setzt die zentrale Kritik von Kathrin Hartmann an: Anstatt dass die Industrieländer etwas gegen den überbordenden Verbrauch von Energie unternehmen würden, ersetzen sie einfach den „schlechten“ fossilen Treibstoff durch den scheinbar „guten“ aus nachwachsenden Rohstoffen. Und so habe man der Einfachheit halber Pflanzenöl als nachhaltig definiert, weil die Pflanzen ja nachwachsen – unter welchen Bedingungen, das scheine niemanden zu interessieren.

Und da macht die Referentin keine großen Unterschiede zwischen der Industrie und den Entwicklungshilfe-Organisationen, zwischen der Politik und industriefreundlichen NGOs wie etwa dem WWF. Sehenden Auges würden hier Nachhaltigkeitssiegel verliehen, die für den, der hinter die jeweiligen Produktionsbedingungen schaut, ein Hohn sind. Dieselbe Gefahr sieht sie auch bei Elektro-Autos; auch hier werde den Menschen suggeriert, damit etwas Gutes für die Umwelt zu tun – „tatsächlich aber fahren einfach zu viele Autos rum!“ Wirklich helfen könne nur ein solides Mobilitätskonzept und auch eine ordentliche Besteuerung der Flugindustrie.

Anhand von zahlreichen Beispielen, die sie auf ihren Reisen gesehen hat, schilderte Kathrin Hartmann die furchtbaren Realitäten, die hinter den jeweiligen Produktionen stehen, ganz besonders auch bei der Shrimps-Aquakultur in Bagladesch, und erzählte von den fast schon verzweifelten Bemühungen mutiger Einheimischer, etwas dagegen zu unternehmen oder wenigstens Aufmerksamkeit zu erlangen – trotz aller Widerstände durchaus mitunter auch erfolgreich.

Rege Diskussion: „Wo
bleibt der Aufschrei?“

Und hier setzte auch die Diskussion an. „Wo bleibt denn der Aufschrei?“, so fragte etwa Schorsch Planthaler an, angesichts des immer wieder erschütternden Ausmaßes dieser Vorgänge: der Aufschrei, den man etwa von den Grünen, von Menschenrechtsbeauftragten, vom Entwicklungshilfeministerium oder auch von der Presse erwarten könnte. Dazu meinte Kathrin Hartmann, es gebe inzwischen offenbar weltweit ein großes „Sich-Abfinden“ mit der Situation. Wobei sie sich immer wieder frage, ob die dafür verantwortlichen Menschen wirklich an ihre Nachhaltigkeits-Ideen glauben, für die sie sich gegenseitig durch die Verleihung von Siegeln und Preisen immer wieder selbst loben, oder ob das ganze purer Zynismus sei. Ihrer Erfahrung zufolge aber „wissen alle Bescheid, auch die Politik“. Und wenn wirklich irgendwo etwas geändert würde, dann gewiss nicht „durch die riesigen Entwicklungshilfe-Organisationen, sondern durch kleine Organisationen vor Ort“. Insgesamt finde auch sie es „skandalös, dass das alles ignoriert wird“. Und auch sie würde sich wünschen, dass es da einen „Aufschrei“ gibt. Agrarbündnis-Sprecher Leonhard Strasser stellte fest, dass solche Vorgänge überall in der Welt gleich ablaufen, „auch bei uns ist das im Prinzip dasselbe, wenn auch auf anderem Niveau“.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde angesprochen – und das zeigte sich ganz konkret dann auch bei einzelnen Wortmeldungen in dieser Versammlung, dass die verschiedenen Gruppierungen, Parteien, Organisationen, selbst wenn sie im Grunde die gleiche Zielrichtung haben, viel Energie in gegenseitige Scharmützel stecken und so das eigentliche Ziel aus dem Auge verlieren. Und so sei es, wie gesagt wurde, fast unmöglich, von unten einen Druck aufzubauen, der etwa dazu führen könnte, dass die EU die Beimischungspflicht von Bio-Treibstoff aufhebt, obwohl „geschätzt 80 Prozent des Palmöls kriminell gewonnen werde, wie Kathrin Hartmann sagte. Denn, so hieß es im Gegensatz zu der Feststellung von Gisela Sengl, dass die Politik die Probleme löse, es sei vielfach gerade die Politik, die Probleme schaffe oder verschärfe.

Die AbL-Bundesvorsitzende Gertraud Gafus rief dazu auf, Kritik, die geäußert wird, positiv zu sehen; denn nur so könnten Bündnisse entstehen, die letztlich auch etwas erreichen könnten. Dazu rief auch Kathrin Hartmann auf. Nur wenn sich engagierte Menschen zusammenschließen, könne auf die Politik möglicherweise Einfluss genommen werden. Sonst mache die Wirtschaft auch weiterhin, was sie will. Jeder könne einen Beitrag dazu leisten, meinte Liesi Aschauer, die BDM-Kreisvorsitzende im Kreis Berchtesgadener Land. Man dürfe auf keinen Fall sagen, dass man „eh nichts machen kann“; wo Menschen mit Herzblut für ihre Sache kämpften, solle man sich anschließen. he

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