Prof. Dr. Dr. h. c.
Alois Heißenhuber
„Visionen und Lösungsansätze für eine bäuerliche Landwirtschaft“
Weibhausen. (al) Leonhard Strasser, Sprecher des Agrarbündnisses BGL / Traunstein konnte neulich im Gasthaus Gruber Weibhausen mit dem seit 2013 emeritierten Prof. Dr. Alois Heißenhuber……… einen hochkarätigen Referenten begrüßen zu einem Vortrag und einer Diskussion über Wege in eine nachhaltige Landwirtschaft. Neben dem Referenten wurden auch mehrere mit Landwirtschaft und Umwelt beschäftigte Personen aus der näheren Umgebung begrüßt, wie der Leiter des Landwirtschaftsamtes Traunstein, Alfons Leitenbacher, die Sprecherin der Ökomodellregion Waging, Marlene Berger-Stöckl, der frühere Leiter der ANL (Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege), Dr. Josef Heringer, die Sprecherin von attac Rupertiwinkel, Agnes Thanbichler und die Vorsitzenden des BDM (Bund Deutscher Milchviehhalter e. V.) für die Kreise BGL, Liesi Aschauer und Traunstein, Sepp Hubert. Straßer zeigte sich auch erfreut über die vielen weiteren Besucher, die den Saal des Wirtshauses komplett füllten und meinte, dies zeige das große Interesse an einer nachhaltigen, naturgerechten Landwirtschaft.
In seiner Vorstellung und Einführung in das Referat sagte Straßer, seiner Meinung nach gebe es in der Landwirtschaft gegenwärtig eine ungerechte Förderung, die alleine die Fläche berücksichtige, nicht aber wie nachhaltig und naturgerecht diese sei. Deshalb sei er froh mit Prof. Dr. Heißenhuber, von der TU München Weihenstephan eine Koryphäe im Wissen um eine bessere Form der Landwirtschaft zu diesem Vortrag betitelt; „Visionen und Lösungsansätze für eine bäuerliche Landwirtschaft“ begrüßen zu können.
Dr. Heißenhuber begann seinen Vortrag mit der Feststellung, er teile die Landwirtschaft, ihre Bedürfnisse und Auswirkungen in mehrere Kategorien, wie Bodenbeschaffenheit, Wasserbedarf, Biodiversität, oder klimatische Bedingungen. Diese Dinge und weitere müssten in eine Bewertung mit einbezogen und ihre Effekte geprüft werden. Als Beispiel nannte Heißenhuber den Wechsel im landwirtschaftlichen Anbau von Getreide in unserer Gegend. In den 1950 Jahren seien hier vor allem Gerste, Kartoffel, Klee, und Weizen angebaut worden. Dies sei zwar in nicht geringem Maße der Not nach dem Krieg geschuldet gewesen, als Menschen und Tiere Lebensmittel und Futter zwangsläufig aus der Region beziehen mussten. In den 70-er Jahren, als die Landwirtschaft zunehmend kommerzialisiert wurde, wechselte der Anbau zu, vor Allem, Weizen, Mais und Gerste und von den 90-Jahren bis heute zu Mais und Weizen. Dieser Wechsel zu Monokulturen lauge auf Dauer den Boden aus. Zudem würden sich dadurch die Probleme „aufschaukeln“ und immer größer werden. Als Auswüchse davon zitierte Heißenhuber die große Dürre in den 30-er Jahren in Süddakota (USA). Damals war über viele Jahre nur Mais angebaut worden und die dadurch entstehende Bodenerosion habe die Bauern regelrecht von ihrem Land vertrieben. Sie endeten ab als Flüchtlinge im eigenen Land und mussten zumeist nach Kaliforniern ziehen, um dort als unterbezahlte „Fruitpickers“, Früchtepflücker, ihr Leben zu fristen, wie in John Steinbecks Roman; „Die Früchte des Zorns“ beschrieben. Steinbeck habe darin aber nur die sozialen Auswirkungen der Bodenerosion, nicht aber die ökologischen veranschaulicht, sagte Heißenhuber. Es gebe auch bei uns jetzt Parallelen dazu, wie ein großer Staubsturm vor einigen Jahren in Mecklenburg-Vorpommern zeigte, durch den auf einer Autobahn zwischen Rostock und Hamburg viele Unfälle verursacht worden seien. Ein Problem bei dieser auf Größe ausgerichteten, industriellen Landwirtschaft spielten auch Investoren, die Land aufkauften und sie dann nur dem erwirtschafteten Profit gemäß beurteilten.
Die Ursachen für diese Entwicklungen lägen zum Einen in den technischen, die es durch immer größere Erntemaschinen ermöglichten diese Monokulturen zu bewirtschaften und in der Politik, die dies fördere. Vielmehr sollte eine Landwirtschaft angestrebt werden, die alle Gegebenheiten für den Ackerbau, die Bodenfruchtbarkeit, Wasserverfügbarkeit, die Eignung des Bodens für bestimmte Getreidesorten, deren Nährstoffverbrauch sowie die Möglichkeiten der Bodenregenerierung in Betracht ziehe. Nicht hilfreich seien dabei Dinge wie die Gentechnik, meinte Heißenhuber, denn diese fördere, neben anderen Auswirkungen, die Verwendung von Pestiziden und Herbiziden, die zum Einen die Biodiversität zerstörten und zum Anderen die Resistenz gegen diese Mittel erhöhten, sodass immer mehr davon erforderlich wären. Dadurch würde auch die Abhängigkeit der Bauern von einigen wenigen großen Chemiekonzernen immer eklatanter. Nebenbei würden auch für die Bestäubung notwendige Insekten, wie Bienen, durch die Gentechnik und ihre Folgen schwer beeinträchtigt.
Ein weiteres Problem kreiere die industrielle Landwirtschaft durch die auf Export orientierte Massentierhaltung, sagte Dr. Heißenhuber. Das dabei erzeugte Fleisch werde billig verramscht oder exportiert und die Abfälle, wie Gülle, blieben hier. Diese Gülle werde dann großenteils auf Felder und Weisen ausgebracht und verseuche das Grundwasser. Zudem sei erwiesen, dass zu viel Gülle und die damit einhergehende Nitratbelastung Böden weniger fruchtbar machten, den Ertrag verminderten und somit genau das Gegenteil verursachten, für das sie ursprünglich verwendet würden.
Dr. Heißenhuber forderte deshalb von der Politik ein Umdenken, das er übrigens auch von Bauern und Verbrauchern forderte und eine Konzentration auf eine kleiner strukturierte, die Bodengegebenheiten und die Natur berücksichtigende Landwirtschaft. Dazu brauche es eine Abkehr von der Flächenförderung, hin zu einer Förderung, welche die oben genannten Kriterien als Prioritäten anerkenne. Deshalb müssten die verschiedenen Bedingungen für die Landwirtschaft und wie der einzelne Bauer wirtschaftet in die Höhe der Förderungen mit einbezogen werden. Bauern sollten für mit ihren Produkten erbrachte Leistungen bezahlt werden, nicht mit einer an Flächen gebundenen Prämie. Durch eine solche, nicht auf Überproduktion und Export orientierte Landwirtschaft könnten schlussendlich Förderungen vermindert, oder ganz eingestellt werden, meinte Heißenhuber. Diese Orientierung wäre auch gut für Bauern und Verbraucher, denn sie würde regionale Strukturen stärken und zu einer in der Region gesicherten Versorgung mit wesentlichen Lebensmitteln sorgen. Um eine solche Landwirtschaft zu erreichen müssten aber auch Verbraucher überzeugt und eingebunden werden, meinte Heißenhuber. „Wir können nur auf Probleme hinweisen und sie aufzeigen, aber die Umsetzung von Lösungen ist oft schwierig“, meinte Dr. Heißenhuber abschließend.
Leonhard Strasser fügte hinzu, er hoffe, dieser Vortrag würde Bauern zum Selbst-Nachdenken anregen und zu einem gegenseitigen Anspornen zwischen Bauern und Verbrauchern, hin zu einer naturgerechten Landwirtschaft führen.
In der Diskussion wurde bemängelt, Politik und einige Verbände hätten bisher dazu angeregt, immer größere Ställe zu bauen und mehr zu produzieren. Auszeichnungen seien an jene verliehen worden, die am meisten Produzierten und nicht jene, die naturgerecht arbeiteten. Es sei aber nicht angebracht nur auf Bauern zu schimpfen, sondern es müssten die hinter der gegenwärtigen Landwirtschaft stehende Philosophie, Strukturen und politischen Gegebenheiten angeprangert werden. Bemängelt wurde auch die eng begrenzte, oft interessenorientierte landwirtschaftliche Forschung und die damit zusammenhängende Ausbildung und Beratung von Bauern.
Das Verbleiben und untereinander Diskutieren nach der Verabschiedung durch Leonhard Straßer zeigte der Vortrag hatte seine Wirkung auf die Anwesenden nicht verfehlt.