Ein vielfältiges Plädoyer für Bio-Landwirtschaft und Bio-Lebensmittel

Die Podiumsteilnehmer an der Diskussion beim Hoffest auf der Fürmann Alm; v. l.: Christa Hainz, Hans Glück, Matthias Spiegelsperger, Liesi Aschauer, Hans Urbauer, Appolonia Wolfgruber, Josef Loimer und Hias Kreuzeder. Foto: Albrecht

Anger / Fürmann Alm.

(al) Draußen regnete es, aber im als Veranstaltungssaal hergerichteten gemütlichen alten Heuboden auf der Fürmann Alm wurden für die Zuhörer im fast vollen Saal leidenschaftliche Plädoyers für die Bio-Landwirtschaft gehalten. Die Betreiber der Alm, Gertraut Angerpointner und Georg Planthaler hatten Bio-Bauern, eine Bio-Bäckerin und einen Bio-Weinbauern als Sprecher eingeladen, um ihre Erfahrungen mit der Bio-Landwirtschaft zu vermitteln. Sieben von ihnen, Liesi Aschauer, Hans Glück, Christa Hainz, Hias Kreuzeder, Matthias Spiegelsperger, Hans Urbauer und Appolonia Wolfgruber, waren aus der näheren Umgebung, einer, Hans Laimer, ein Bio-Weinbauer, war aber aus der fernen Wachau gekommen, um über den Bio-Weinbau dort zu berichten.
Wie groß das Interesse an der Bio-Landwirtschaft geworden ist, wurde auch durch die mehreren Bürgermeister aus der Gegend bestätigt, die bei der Veranstaltung zu sehen waren. Zudem führte, nach der Begrüßung der Gäste durch Georg Planthaler, der sich über die zahlreichen Besucher freute, der Leiter des Landwirtschaftsamtes Traunstein, Alfons Leitenbacher, mit einigen Fakten über die Bio-Landwirtschaft in den Kreisen BGL und Traunstein ins Programm. Leitenbacher sagte, die Bio-Landwirtschaft habe sich seit 2012 in den beiden Kreisen verdoppelt und mache jetzt etwa 14 Prozent der Landwirtschaft insgesamt aus. Ziel sei, die Bio-Landwirtschaft in den nächsten Jahren auf einen Anteil von 30 Prozent zu steigern. Überhaupt müsse die Landwirtschaft ökologischer gestaltet werden, sowohl mit Hinsicht auf die Produkte, als auch das Tierwohl. Leitenbacher meinte in Bezug auf die von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner angeregte Tierwohl-Kennzeichnung, diese sollte verpflichtend, statt nur freiwillig sein. Zu den Chancen für Bio-Produkte sagte Leitenbacher, der Verbraucher müsse „mitgenommen“ werden und ihren Wert und ihre Vorteile vermittelt bekommen, um sie zu akzeptieren.
Die Bio-Bauern erzählten danach von den anfänglichen Schwierigkeiten, die sie hatten, als sie von konventioneller Landwirtschaft auf Bio umstellten. Insbesondere, jene die schon vor 30, oder mehr Jahren damit anfingen. Als „Spinner“ seien sie damals oft abgetan und von anderen Bauern angefeindet worden. Es habe viel Überzeugung und Durchhaltevermögen gefordert um sich durchzusetzen und akzeptiert zu werden. Überhaupt sei vor Allem, selbst jetzt noch, viel Leidenschaft nötig in der Bio-Landwirtschaft. Aufgerufen wurde von ihnen dazu, sich nicht zu einer einseitigen, spezialisierten Landwirtschaft überreden zu lassen und die Politik aufzufordern, nicht so sehr auf den Export zu achten, durch den obendrein oft noch Existenzen in den Empfängerländern vernichtet würden.
Appolonia Wolfgruber, die zusammen mit ihrem Gatten, seit 30 Jahren eine Biobäckerei in Anger betreibt, beteuerte, es sei nicht immer leicht, gute Rohstoffe zu bekommen. Die seien aber unbedingt nötig und dabei spiele auch Regionalität eine große Rolle. In dieser Hinsicht waren sich alle Sprecher einig in ihren Darlegungen, wobei zudem die Verbraucher sehr viel beitragen könnten, indem sie auf die Herkunft der Lebensmittel achteten.
Herbe Seitenhiebe gab es auf die Politik, die zu sehr die herkömmliche, industrielle Landwirtschaft fördere. Einer der Redner meinte, manche Landwirtschaftsminister hätten von ihrem Posten so viel Ahnung, „wie ein Hund vom Radlfahren“. Zur Beratung verließen sie sich dann auf Bürokraten, die von Industrie und großen Konzernen beeinflusst seien. „Die bisherige Politik ist der größte Totengräber der Landwirtschaft“, sagte Hias Kreuzeder.
Die Milchbäuerinnen, Liesi Aschauer und Christa Hainz, beklagten die niedrigen Milchpreise, durch die so viele Milchbauern zur Aufgabe gezwungen würden. Josef Loimer, der Weinbauer aus der Wachau, hatte ebenfalls viele Hürden zu überwinden, bevor der Bio-Weinbau Fuß fassen konnte. Er meinte, eine Katastrophe durch den Klimawandel sei nur mit naturverträglichen Methoden abzuwenden. Alle beteuerten auch, nur eine kleinstrukturierte, auf Regionen und der Natur basierte und zumeist mit hiesigen Produkten arbeitende Landwirtschaft, könne die Ernährung der Weltbevölkerung sicherstellen. „Der kleinste Raum, richtig bewirtschaftet, bringt den höchsten Ertrag“. Die wie bisher betriebene industrialisierte Landwirtschaft, mit all ihren Chemikalien, Monokulturen auf riesigen Flächen und dem damit verbundenen Auslaugen und Verseuchen der Böden, trage dagegen zu kommenden Hungersnöten bei. Zudem mache sie Bauern zu „Sklaven der Agrarindustrie“.
Gertraut Angerpointner fasste die Ausführungen der Bio-Bauern zusammen, mit dem Verweis, Bauern und Verbraucher sollten achtsam sein, wen sie in politischen Ämter wählten. Es sei eine Forderung an uns Alle, die kleinstrukturierte, biologische Landwirtschaft zu fördern. „Jeder kann etwas tub“, sagte Angerpointner und Leute „müssen laut werden“, um ihre Forderungen, wie z. B. die Abschaffung der einheitlichen Flächenprämie durchzusetzen. Dabei würden nämlich die riesengroßen, ebenen, leicht zu bearbeitenden Flächen im Nordosten nach denselben Kriterien gefördert, wie die kleinstrukturierten, viel arbeitsintensiveren kleinen Felder und Wiesen im Berchtesgadener Land.
Dr. Josef Heringer meldete sich zu Wort und beteuerte, er habe selbst noch Not nach dem Krieg erlebt und auch bei Reisen nach Afrika gesehen. Jetzt stehe wieder „großer Hunger vor der Tür“, wenn wir weiter wirtschafteten wie bisher. Die anfänglichen Schwierigkeiten der Bio-Landwirtschaft wurden anschaulich von einer Frau beschrieben, die erzählte, jemand hätte zu ihr über Bio-Lebensmittel gesagt, essen könne man sie trotzdem.
Nach all diesen Darlegungen begannen rege Debatten unter den Gästen, während sie die ausgezeichneten, aus Bio-Produkten zubereiteten Speisen auf der Alm genossen, sich die Stände von Anbietern von Bio-Produkten und Broschüren ansahen und der Hochlerch Musi zuhörten, die bis spät in den Nachmittag für sie spielte.

 

 

 

 

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