Klimawandel, Wald und Wild

Leonhard Strasser (l.), hatte mit Hilfe der Vorsitzenden des Bund Naturschutz Traunstein, Beate Rutkowski, den Bundesvorsitzenden, Prof. Dr. Hubert Weiger für ein Referat zum Thema: „Wald und Jagd“ gewinnen können. Fotos: Alois Albrecht

Weibhausen. (al) Der Wald leidet!  Klimawandel und Wildverbiss setzen ihm arg zu!  Das war der überlagernde Ton einer Veranstaltung mit Prof. Dr. Hubert Weiger, dem Bundesvorsitzenden des Bund Naturschutz, der auf Einladung des Agrarbündnisses BGL / Traunstein neulich nach Weibhausen gekommen war, um über das Thema „Wald und Jagd“ zu sprechen.  Der Initiator des Agrarbündnisses, Leonhard Strasser konnte zu dieser Veranstaltung auch den Leiter des LWA Traunstein, Alfons Leitenbacher, sowie Beate Rutkowski, die Vorsitzende des Bund Naturschutz Traunstein, die neue MdL der Grünen, Gisela Sengl, die Gebietsvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der AbL, Gertraud Gafus und Albert und Liesi Aschauer, die stellvertretenden Kreisvorsitzenden des BDM im BGL begrüßen….

Prof. Weiger sagte Eingangs seines Referats, den Kreisen BGL und Traunstein komme im Bereich Naturschutz besondere Bedeutung zu, denn durch das Agrarbündnis, einem Konglomerat von vielen Interessengruppen und Vereinen, hätten die Kreise eine Vorbildfunktion beim Naturschutz, der bäuerlichen Landwirtschaft und Förderung der Region.  Hier gebe es noch die kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft, die in anderen Teilen Deutschlands und Europas von übermächtigen Interessen verdrängt wird.  Als Beispiele nannte Prof. Weiger den Schlachthof von Clemens Tönnies, dem Präsidenten des Fußball Clubs Schalke 04, der in Rheda-Wiedenbrück einen Schlachthof hat, in dem pro Tag 25000 (1700 / Stunde) Schweine geschlachtet werden und Niedersachsen, wo im „Güllegürtel“, den Kreisen Vechta und Cloppenburg, mehr als zwei Millionen Schweine in Mastställen auf ihre „Verwertung“ in einer „Qualitätsfleisch-Gewinnungsanlage“ wie jener von Tönnies warten.  Bei Dimensionen wie diesen in der Tierzucht ist die Umweltbelastung natürlich enorm, sagte Prof. Weiger und rief dazu auf, sich zahlreich an einer Protestaktion gegen die untragbaren Auswüchse dieser industrialisierten Landwirtschaft am 18. Januar in Berlin zu beteiligen.

Zum heimischen Wald kommend sagte Weiger, diesem setzten vor allem zwei Dinge sehr zu.  Zum einen seien die Effekte des Klimawandels nicht mehr zu übersehen und obendrein werde die Situation durch vielerorts übermäßigen Wildverbiss noch verschärft.  Der Klimawandel bringe vermehrt Stürme und Überflutungen mit sich, sagte Prof. Weiger.  Was bisher „Jahrhundertstürme und Jahrhunderthochwasser“ waren passierten jetzt jedes Jahrzehnt.  „Die Extreme werden mehr und stärker“, sagte Prof. Weiger.  Es würden zwar verschiedene Szenarien und Größenordnungen für die zu erwartenden Temperaturanstiege prognostiziert, aber dass diese eintreffen stehe außer Frage.

Besonders betroffen sind jetzt schon unsere Wälder, stellte Prof. Weiger fest.  Dies sei bedingt durch die Dominanz von Arten die sehr sensibel auf klimatische Veränderungen reagierten und wie die Fichten hierzulande in Monokulturen ständen.  Ein „natürlicher“ Wald in unserer Gegend bestünde aus Buchen, als dominanter Art, in Verbindung mit Eichen und Nadelbaumarten, wie Weißtanne, Fichte und einigen Kiefern, sagte Prof. Weiger.  Leider seien unsere Wälder aus wirtschaftlichen Beweggründen ummodelliert worden, mit der Fichte als „Brotbaum“, die aber jetzt durch den Klimawandel zum „Notbaum“ zu werden drohe, mit einem Bestand, der auf 800000 ha in Bayern instabil sei.  Der Befall durch Borkenkäfer sei auch ein Resultat des Klimawandels, meinte Prof. Weiger.  Besonders pikant sei dabei, dass schon in 1888 festgestellt wurde, dass Mischwälder ideal seien, sowohl als Wald, zur Humusbildung und als natürlicher Wasserspeicher.

Zusätzlich würde der Wald durch Wildverbiss belastet, sagte Prof. Weiger.  Der Bund Naturschutz und andere Organisationen forderten deshalb eine intensivere Bejagung für eine gewisse Zeit, um die Schalenwildbestände auf ein für den Wald erträgliches Maß zu verringern.  Das habe nichts mit „Wildvernichtung“ zu tun, beteuerte Prof. Weiger.  Wie sich in einigen Modellregionen, eine davon ganz in der Nähe in Kay, gezeigt hätte, wären nur ein paar Jahre der intensiven Bejagung nötig um das Ziel zu erreichen.  Danach könnten die Abschusszahlen wieder auf das vorherige Niveau gesenkt werden.  Um den Wald zu retten müsse aber unbedingt der Grundsatz; „Wald vor Wild“ gelten.  Prof. Weiger erinnerte in diesem Zusammenhang an den Spruch des früheren bayerischen Staatsministers für Landwirtschaft und Forsten, Hans Eisenmann, der sagte; „Bäume müssen ohne Schutzmaßnahmen wachsen können“.  Der Effekt einer relativ kurzzeitigen, intensiven Bejagung zeige sich deutlich an der Erholung des Waldes und habe zudem auch eine gute Nebenwirkung auf das Wild selbst, denn wie sich in Modellregionen zeigte, hätte das Gewicht der Rehe zugenommen.  Die Abschussplanung sollte sich immer konsequent nach dem Vegetationszustand richten, sagte Prof. Weiger.  Holz sei ein sehr wichtiger nachwachsender Rohstoff und wir befinden uns in einem „Wettlauf mit der Zeit“ um unsere Wälder zu retten.  „Die Vergangenheit hat gelehrt wir müssen handeln solange wir noch können.“  Prof. Weiger bezeichnete die Weißtanne als den „Schlüsselbaum“ für die Rettung des Waldes, denn diese sei Klimaangepasster als die Fichte und eine Baumart, die Böden entwässere und sichere und Humusbildend wirke.  Durch die Arbeit der Naturschutzverbände sei auf europäischer Ebene auch eine Reduzierung der Schwefelemissionen um 90 % erreicht worden, die den Tannenbeständen sehr zugute gekommen sei, denn die Tanne reagiere sehr empfindlich auf Schwefel und habe jetzt wieder eine gute Perspektive.  Abschließend meinte Prof. Weiger, er sei sicher die Jäger würden sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen und sich einbringen in die Rettung des Waldes.

In der Diskussion nach dem Vortrag stimmte der LWA Leiter Alfons Leitenbacher den Ausführungen von Prof. Weiger grundsätzlich zu und meinte die Waldbauern sollten sich einbringen und die nötigen Abschusszahlen fordern; „Ihr müsst klar sagen dass ihr eine bestimmte Jagd wollt und wir unterstützen euch“.  Es sei ja ihr Wald der durch den Wildverbiss geschädigt würde.  Auch Leonhard Strasser meinte die Jäger sollten sich ihrer Verantwortung bewusst werden und er appellierte auch an die Bauern ihre Wälder in Mischwälder umzuwandeln, denn ein Quadratmeter Fichtenwald speichere gerade 10 l Wasser, während ein gesunder Mischwald 116 l halte.  „Wir brauchen einen gesunden Wald nicht nur für uns, sondern auch für unsere Enkel und Urenkel“, sagte Strasser.  Wie sich in der lebhaften Diskussion zeigte sehen vor allem die Bauern ein Defizit bei der Unteren Jagdbehörde, die den Forderungen der Waldbauern zu wenig nachkomme, oder sie sogar ignoriere.  Impliziert wurde auch, dass die Untere Jagdbehörde, die dem Landratsamt angegliedert ist, durch politischen Lobbyismus beeinflusst werde und deshalb sowohl den Forderungen der Waldbauern, als auch den Vegetationsgutachten des LWA nicht Genüge tue.  Zu einer Frage an Prof. Weiger, hinsichtlich einer Empfehlung, die Douglasie verstärkt zu pflanzen, meinte dieser, er sei skeptisch, denn wir hätten sehr geeignete heimische Arten, die Risiken, wie sie bei der Douglasie entstehen könnten, von vornherein ausschließen würden.  Auch die Lärche sei eigentlich nur als Gebirgsbaum geeignet.  MdL Gisela Sengl sagte sie wolle die Meinung von Jägern hören.  Es meldete sich auch ein junger Jäger aus dem Allgäu, der sagte, seiner Meinung nach seien die Grundstücksbesitzer schuld, die vielfach eine Trophäenjagd betrieben oder zuließen, und so generelle und flächendeckende Abschüsse verhinderten.  Auch Prof. Weiger bezeichnete die Trophäenjagd als „schlichtweg anachronistisch“.

Prof. Weiger meinte abschließend zur Diskussion, der Abend sei „hochspannend“ gewesen und er könne viel davon mitnehmen und verwerten.  Die Veranstaltung habe gezeigt; „wir brauchen bessere und klare Regularien, eine Angleichung der Jagdzeiten, mehr Transparenz und eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Bauern und der Unteren Jagdbehörde“.  „Die Jagdvorstände sollten besser einbezogen werden und gute Beispiele müssen besser transportiert und veröffentlicht werden“.  Das Ziel müsse nicht eine Ausrottung der Tiere sein, sondern eine Sicherung der Wälder.

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